5. Station: Herrenkreuz (Ecke Rüttersweg/Friedensweg) (GoogleMaps)
Der kleine Lichtschalter an Weihnachten
Die Förderbänder liefen auf Hochtouren, denn bald war Weihnachten und alle Aufträge mussten fertiggestellt werden. Flinke Roboterhände setzten in den Keramikkörper allerlei Einzelteile aus Kupfer und Eisen ein, ein Knopf wurde angebracht, kleine Schrauben eingedreht, die später die elektrischen Drähte festhalten würden. Im Nu wurde die weiße Verschalung aus Kunststoff darübergestülpt und festgeschraubt.
Das war die Geburt des kleinen elektrischen Schalters, die Hauptperson unserer Weihnachtsgeschichte.
Der Schalter hatte noch gerade die Gelegenheit einen Eindruck von der riesigen Fabrikhalle zu bekommen, von dem Lärm und der Hektik um ihn her. Dann wurde es dunkel, denn unversehens landete er in einer Verpackung aus Karton – zusammen mit vielen anderen seiner Art. Nach einer geraumen Zeit verstummte der Lärm, die Maschinen standen still. Da stieß der kleine Schalter verängstigt aus: „Ist da jemand?“ Er bekam viele, ebenso verängstigte Antworten aus seiner nächsten und weiteren Umgebung. In der Schachtel befanden sich wohl gegen 50 andere, alles die gleichen Lichtschalter. In dieser Nacht konnte niemand schlafen und es entspann sich eine aufgeregte Diskussion über den Sinn und Zweck des Schalterlebens. Das Problem war wohl, dass niemand eine wirkliche Ahnung hatte.
Am nächsten Morgen packte jemand die Schachtel und warf sie in einen Lieferwagen. Nach der holprigen Fahrt – plötzlich gleißendes Licht, der Deckel wurde geöffnet, ein paar der Schalter wurden auf einen Tisch gelegt, auch unser kleiner Schalter war mit dabei. Er sah sich um und erkannte Gestelle mit Kabeln und Drähten, Schaltern und Steckern, Lampen und mehr. Ein Elektrogeschäft eben. Und auf dem Tisch lagen andere Schalter, die einen gebrauchten Eindruck machten, der eine war sogar ganz angesengt und murmelte immer wieder: „Überlastet! Das hält doch kein 10 Ampere Schalter aus!“
Auf seine Fragen antworteten die erfahrenen Schalter unserem Neuling, dass sie eine wichtige Funktion zu erfüllen hätten. Es war die Rede von Strom und so. Und von einem wichtigen Dienst bei den Menschen. Gerade jetzt in der dunklen Zeit vor Weihnachten. Das erfüllte den kleinen Schalter mit großer Freude und Erwartung, denn er sehnte sich nach einem sinnerfüllten Leben im Dienste anderer.
Das Gespräch wurde jäh unterbrochen, denn ein Monteur kam, packte die Werkzeuge, Drähte und eben auch ein paar von den Schaltern zusammen. Und der kleine Schalter war mit dabei. Er machte sich auf ein großes Abenteuer gefasst und freute sich sehr.
Sein Schicksal führte ihn in einen Neubau, ein Einkaufszentrum, das in wenigen Tagen eröffnet werden sollte. Noch waren die Schaufenster dunkel – und der kleine Schalter wurde in eine Wand geschraubt. Auf beiden Seiten waren Kupferdrähte befestigt, und er erkannte, dass die einen Drähte zu einem Weihnachtsbaum führten, der in der Mitte des großen Schaufensters stand. Das war also seine Aufgabe: Den Weihnachtsbaum zu erleuchten! Und wie er sich freute auf diese Aufgabe!
Es wurde Abend, der Monteur packte seine Sachen zusammen und fuhr weg. Der kleine Schalter sah aus dem Fenster auf die Straße, sah die anderen Schaufenster gegenüber, die vielen Weihnachtsbeleuchtungen, die in allen Farben funkelten. Es war an der Zeit, den tollen Weihnachtsbaum zum Leuchten zu bringen. Er wusste ja mittlerweile vom Strom und begann, sich anzustrengen, Strom zu erzeugen. Aber nichts geschah. Noch einmal nahm er alle Kraft zusammen, spannte sich an, stemmte sich gegen das Gehäuse, gegen die Wand – hielt den Atem an… Jedoch, alle Anstrengungen halfen nichts. Nicht das kleinste Lichtlein am Baum erhellte sich, das Fenster blieb stockdunkel. Da packte den Kleinen eine große Verzweiflung! Das konnte doch nicht sein! Immer und immer wieder versuchte er, mit aller Gewalt Strom in die Leitungen zum Baum zu pusten – doch alles war vergebens. Tiefe Traurigkeit befiel ihn – und in seinen düsteren Gedanken schlief er ein.
Am nächsten Tag war der Monteur wieder da. Am liebsten hätte der Schalter geschrien: „Schrauben Sie mich heraus! Ich kann es nicht! Ich bin unnütz!“ Aber der Monteur hantierte in Sichtweite an einem Sicherungskasten. Er schraubte Drähte, die zu dem kleinen Schalter führten, an eine Sicherung und legte einen Kipphebel um. Da verspürte unser kleiner Schalter eine nie geahnte Kraft in sich, die sogleich weiterfloss, als der Monteur auf seinen Knopf drückte. Unglaubliches geschah – ohne die geringste Anstrengung wurde der Baum hell, Hunderte von Lämpchen erstrahlten, die mit ihrem warmen Licht das Schaufenster fluteten. Unweigerlich blieben Kinder mit ihren Eltern vor dem Fenster stehen und staunten mit großen Augen über die Pracht der Lichter und der ausgestellten Geschenke. Die Freude, die der kleine Schalter empfand, lässt sich hier in Worten nicht beschreiben.
Mit Christus ist es ganz genauso: Wer Christus in seinem Leben entdeckt, wird von seiner Kraft durchflossen. Er wird göttliche Wärme und Liebe in eine dunkle Welt hinaustragen – manchmal sogar ganz unwissentlich. An Weihnachten ist Jesus gekommen, damit wir uns Gottes unerschöpflichen Kraftquelle anschließen.
Autor: Thomas Weinmann