Das Herrenkreuz zwischen Rösberg und Merten

 

Am Sonntag nach dem Festtag des Hl. Rochus ( 16.8.) zieht die Rochussprozession  durch Merten . Der Prozessionsweg führt von der Kirche über den Friedensweg, Rüttersweg, Holzweg zur Bonn-Brühler-Straße und von dort über die Talstr. und Kapellenstr. wieder zur Kirche.

Unterwegs kommt die Prozession auch am Herrenkreuz zwischen Rösberg und Merten ( Ecke Friedensweg/Rüttersweg) vorbei. Den beiden Mertener Heimatforschern Franz Levenkaul und Hans Meyer ist es zu verdanken, dass wir heute etwas mehr über dieses nunmehr 250 Jahre alte Kreuz wissen. Der nachstehende Text ist einer Sammlung der Beiden entnommen, die dem Stadtarchiv Bornheim zur Verfügung gestellt wurde.

„Auch einem Autofahrer wird dieses wuchtige Kreuz ins Auge fallen, wenn er sich , aus Rösberg kommend  Richtung Mertener Heide bewegt. 1975 standen noch 2 ausladende Kastanien daneben, da muss der Anblick noch imposanter gewesen. Heute umgibt eine mannshohe Hecke ein dreieckiges Feld von 12 zu 8 Meter, in der vor dem Kreuz eine Sichtlücke gelassen ist.

Der Heimatforscher Norbert Zerlett aus Bornheim beschreibt das Kreuz 1935 wie folgt:

Hochkreuz, ca. 4,50  Meter, Barock, dicker Corpus, bäuerlich-derbes Kleeblattkreuz,
von zwei schrägen Eisenstützen gehalten, im Schatten zweier Rosskastanien. Kleine
Grünanlage. Davor Steinbank mit Jahreszahl 1758

 

Mit Ausnahme der Rosskastanien stimmt auch heute, mehr als 70 Jahre später noch alles überein.

Wie kommt es zum Namen Herrenkreuz?

Am Fuße des Kreuzes unter der Konsole finden wir die beiden Wappen, derer von Weichs, die beidseitig leicht nach innen gebogene Pyramide, und derer von Velbrück, den gebogen Querbalken. Ferdinand Joseph Freiherr von Weichs an der Glon baute das jetzige Rösberger Schloß, nachdem das frühere neben der Kirche in Rösberg nicht mehr bewohnbar war. Seine Frau war Maria Carolne von Velbrück zu Metternich. 1758 stiftete diese herrschaftliche Familie das Herrenkreuz .

Aus welchem Grund?

Im Jahre 1758 wurde in Rösberg eine Mission abgehalten, und es war so üblich, zum Andenken daran ein Kreuz aufzurichten. Das hing dann oder stand zumeist neben der Pfarrkirche.

Etwas eigenartig ist die Steinbank davor, oder sollte es gar eine Kniebank sein ? Wir möchten letzteres annehmen. Die Sitzfläche ist etwas zu schmal für eine Bank zumal die hochstehende Seite breiter ist und sich besser zum Sitzen eignen würde. Auch die Länge von 2 ½ ist etwas ungewöhnlich, wenn man nicht annimmt, dass dieser Stein in seiner Länge aus der alten Burg stammt, wo er dem Aussehen nach an einer Tür oder einem Fenster gestanden hat. Denn er ist einseitig mit Zier-Rillen versehen, die für eine Bank sicher nicht so gemacht worden wären. Auch die davor liegende Fußstütze, oder wie wir glauben, Kniestütze, ist so lang und mit den gleichen einseitigen Rillen versehen. Sie dürfte wohl früher höher gelegen haben, dass man wirklich knien konnte.

Am linken Ende der Sitzbank steht Anno und am rechten 1758 . Das scheint uns nachträglich angebracht zu sein, denn an einem Gebäude dürfte das so in der Waagerechten nicht gewesen sein .

Aus einem weiteren Grunde halten wir die beiden Steine für eine Kniebank.

In einem Rösberger Kirchenbuch ist ein Bericht über dieses Kreuz zu lesen, wie wir ihn noch von keinem Kreuz in der Umgebung gefunden haben. Des leichteren Lesen wegen bringen wir ihn in heutiger Schreibweise:

Als Folge der Mission verkündete Pfarrer Müncks von Rösberg am 4. März 1764, also 6 Jahre später, von der Kanzel folgenden Ablaß:
Der Nuntius Apostolicus hat allen denen, welche ihre Andacht verrichten an dem
Missionskreuz an der Mertener Seite, ohnweit der Burg, einen Ablaß erteilt.
Diejenigen, welche allein dahingehen und beten 5 Vaterunser und Ave Maria zu
Ehren der fünf Wunden Jesu, verdiene4n 40 tage Ablaß; wenn sich ihrer zwei, drei,
vier versammeln und ihre Andacht an dem kreuz verrichten, hundert Tage; diejenigen
welche prozessionsweise dahin gehen und beten für Einigkeit christlicher Potentaten,
Ausrottung der Ketzereien, Erhöhung der Christ-Katholischen Kirchen, verdienen 350
Tage Ablaß.

 

Es darf  angenommen werden, dass Freiherr von Weichs seine Beziehungen spielen ließ und so für sein Kreuz sorgte. Wenn also die Leute zu dieser Gnadenstelle kamen, werden sie sicherlich niedergekniet sein und brauchten daher eine Betbank.

Eigenartigerweise hören wir später nichts mehr von dieser Ablassstelle. Von keiner Prozession und von keinen Einzelbetern ist die Rede, das Volk hat diese freistehende Andachtsstelle entweder nicht angenommen, oder die vorgeschriebenen Anliegen wie Einigkeit christlicher Potentaten und  Ausrottung der Ketzereien waren nicht nach dem Herzen der Bewohner, brachten ja auch der eigenen Not keine Linderung.

Bliebe noch die Frage, warum das Ehepaar von Weichs ihr Kreuz ziemlich weit vom Schloß, gerade an dieser Stelle im damaligen freien Felde aufstellte. Bei ihrer feudalen Behausung selbst oder bei der Kirche wäre für ein Missionskreuz eher ein passender Ort zu finden gewesen.

Sollte dieses Weichs´sche Kreuz nicht auch ein Nachfolgekreuz sein, etwa für eines der vier legendären Pestkreuze? Es stände dafür an der richtigen Stelle, sogar auf Mertener Boden (*1). Außerdem durfte früher ja kein Kreuz ohne anderweitigen Ersatz beseitigt werden.

Wenn es sich auch geschichtlich nicht nachweisen lässt, unwahrscheinlich ist es aber ebenfalls nicht,  dass wir hier an der Stelle und beim Nachfolger für ein altes Pestkreuz sind.“

(*1)Anmerkung: Bis zum Jahre 1969 ( kommunale Neuordnung) gehörte der Bereich vom Herrenkreuz bis zum Herrenkreuzweg zur Rösberger Gemarkung.

 

Quellen: Archiv Norbert Zerlett, Bornheim, Kirchenarchiv Rösberg, Horst Bursch, Hemmerich, Pfr. German Hubert Maaßen“Chronik des Dekanates Hersel“